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Sexualität bei Herzkrankheit
 

Hinweise zum Liebesleben nach Herzinfarkt,
nach Ballon-Dehnung von Herzkranzgefäßen
oder Bypassoperation, bei Angina Pectoris oder Herzschwäche anderer Ursache

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Inhaltsverzeichnis

Bitte beachten Sie, die folgenden Hinweise.
Die in dieser Webseite angegebenen Informationen können und sollen in k e i n e m Fall die ärztliche Beratung ersetzen. Insbesondere jede Änderung von Medikamenten-Einnahmen sollten stets mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Lesen Sie bitte auch den Warnhinweis

Merksätze

  • Sex!  „Tue es oder verlier es!“ besser klingt es auf Englisch: "Use it or loose it"

  • Herzkranke sind meist bereits erfahrene Liebhaberinnen oder Liebhaber, Nutzen Sie Ihre Erfahrung

  • Gehen Sie auch im Liebesleben mit Ihrem gesunden Menschenverstand, mit Gelassenheit und Zartgefühl vor.

  • Jeder Mensch, auch der Herzkranke, der beschwerdefrei zwei Etagen Treppe steigen kann, hat genügend körperliche Kräfte für ein erfüllendes Liebesleben.

  • Wenn Sie körperlich fit sind, fühlen Sie sich auch beim Sex wohler und senken das minimale Herzinfarktrisiko noch weiter. Machen Sie daher täglich eine der Herzkrankheit angepasste Gymnastik und regelmäßig Sport.

  • Ernähren Sie sich gut, insbesondere mit reichlich Gemüse und Obst und seien Sie zum Sex gut ausgeschlafen.

  • Besser gelingt es, wenn man schlank ist, aber Übergewicht muss kein Hindernis sein.

  • Nehmen Sie sich zum Sex Zeit und denken Sie daran, dass nach einer längeren Pause eine Anlaufzeit erforderlich ist. Oft führt erst die Wiederholung zum befriedigenden Ziel.

  • Gestalten Sie für sich und Ihren Partner/Ihre Partnerin eine vertraute, angenehme Umgebung.

  • Nutzen Sie großzügig Hilfsmittel wie Gleitcreme, Medikamente oder Stimulatoren (denken Sie daran, bei den erektionsfördernden Medikamenten Viagra® (24h und Levitra® 24 Std., bei Cialis® 48 Std. vorher und nachher keine Nitro-Präparate einnehmen).

  • Und zum Schluss der Hinweis: Herzinfarkte oder Todesfälle beim Liebesakt sind auch bei Herzkranken so selten, dass es nicht lohnt, sich darüber Sorgen zu machen

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Ausführliche Ratschläge

Viele Herzpatienten und Ihre Partner haben mitunter Sorge, Ihr gewohntes Sexualleben nach einem Herzinfarkt, oder einer Herzoperation wieder aufzunehmen. Bei einer neu aufgetretenen Herzkrankheit, oder nach einer Ballondehnung von Herzkranzgefäßen ist dies deutlich seltener. Der Hauptgrund für diese Zurückhaltung ist die Angst, dadurch ein erneutes akutes Ereignis auszulösen, Herzrhythmusstörungen zu verursachen oder am plötzlichen Herztod zu sterben. Wichtig ist es, sich klar zu machen, dieses Gefühl der Sorge ist ganz normal! Eine Ursache liegt darin, dass in der ersten Zeit nach einem solch eingreifenden Ereignis wie einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation häufig vermehrte Ängstlichkeit, depressive Verstimmungen und ein vermindertes Verlangen nach sexueller Aktivität auftreten. Die gute Nachricht ist, dass die Besorgnisse in Bezug auf eine unzureichende körperliche Belastbarkeit für sexuelle Aktivitäten und ein erhöhtes Krankheitsrisiko in der Regel unbegründet sind. Fast jeder Herzpatient kann ein erfülltes Sexualleben genießen, wenn er einige wenige, einfache Hinweise beachtet. Als wichtigster gilt der oben schon genannte Merksatz der Amerikaner: "use it or loose it!" (tue es oder verliere es!).

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Sexualität und Ihr Herz

Für die meisten Menschen bedeutet sexuelle Aktivität die Ausführung des Geschlechtsaktes. Aber in Wirklichkeit ist Sexualität mehr als das. Sie können Ihr Interesse an Sexualität auf vielfache Weise zeigen: Sie haben Ihren Partner einfach gerne ganz nah bei sich. Oder Sie lieben es, sich mit Ihrem Partnern zu berühren oder ihn zu halten. Auch wenn viele Herzpatienten nach einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation physisch in der Lage wären, sexuell in normalem Umfang aktiv zu sein, kommt es vor, dass sie gefühlsmäßig noch nicht dazu bereit dazu sind. Die Kenntnis, wie der Geschlechtsakt Ihren Körper beansprucht, kann Ihnen helfen, sich selbst besser zu verstehen und einzuschätzen.

In Ihrem Körper treten bei sexueller Aktivität zahlreiche physische Veränderungen auf, die Ihnen jetzt stärker bewusst werden könnten als früher. Seien Sie versichert, auch diese sind normal.

Wenn Ihre Erregung beginnt, steigert sich langsam Ihre Atemtätigkeit, Ihre Haut rötet sich. Ihr Herzschlag beschleunigt sich etwas und Ihr Blutdruck steigt mäßig an. Bei weiterer Zunahme der Erregung kommt es zu einer weiteren Beschleunigung des Herzschlages und Anstieg des Blutdrucks (Ihre Herzfrequenz kann unproblematisch irgendwo zwischen 90 bis 145 pro Minute liegen). Am Ende des Orgasmus fällt diese Spitzenspannung rasch ab und Ihre Herzfrequenz, Ihre Atemtätigkeit und Ihr Blutdruck erreichen wieder die Ruhewerte.

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Sexualität nach Herzinfarkt oder Herzoperation

Üblicherweise können Sie Ihre gewohnte sexuelle Aktivität bereits zehn Tage nach einem unkomplizierten Herzinfarkt oder wenige Wochen nach einer gelungenen Herzoperation wieder aufnehmen. Den meisten Menschen gelingt dies nach einer Herzoperation leichter als nach einem Herzinfarkt. Einigen jedoch ist dies nicht so einfach möglich. Dies kann sowohl die Folge von vermehrter Ängstlichkeit als auch von rückläufigem sexuellen Begehren sein. Eine intensivierte medizinische Betreuung und Beratung kann in diesen Situationen Hilfe bringen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Operationsnarben nach der Herzoperation in wenigen Wochen vollständig stabil sind, insbesondere das operierte Brustbein wird durch die Narben sogar stabiler als vorher. Auch die Herzinfarktnarbe am Herzen heilt so stabil ab, dass z.B. die Sorge eines eventuellen Risses unbegründet ist.

Wenn Sie sich von einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation erholen, kann es sein, dass Sie sich Ihres Herzschlages, Ihrer Atmung und Ihrer Muskulatur besonders bewusst sind. Auch dies ist normal, machen Sie sich daher darüber keine Sorgen. Der Geschlechtsakt erfordert etwas mehr körperliche Energie als andere sexuelle Aktivitäten, daher kann es sein, dass Ihr Arzt ihnen empfiehlt, dass Sie damit so lange warten sollten, bis Sie sich wieder kräftiger fühlen.

Sexualität nach Ballondehnung (PTCA) der Herzkranzgefäße

Ist wegen eines eingeengten Herzkranzgefäßes keine Bypassoperation, sondern lediglich eine Ballondehnung der verengten Stelle, ggf. auch mithilfe eines STENTS (Röhrchen aus Metallgitter) durchgeführt worden, so ist in der Regel die Angina Pectoris beseitigt und die Leitungsfähigkeit ist wieder verbessert bzw. normalisiert. Daher ist es bereits wenige Tage nach dem Eingriff möglich, die sexuellen Aktivitäten in gewohnter Form wieder aufzunehmen. Dann sind die Punktionsstellen, an denen die Katheter durch die Haut in die Adern eingeführt worden sind, abgeheilt.

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Sexualität bei Herzschwäche

Herzschwäche führt zu Körperschwäche, Luftnot bei leichter Belastung oder schon in Ruhe, in ausgeprägten Fällen auch zu Wasseransammlungen in den Beinen. Sind diese Symptome durch eine erfolgreiche Behandlung wieder beseitigt oder zumindest stark vermindert so sind die körperlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme von sexuellen Aktivitäten wieder gegeben. Ein ausreichende Belastbarkeit ist bereits dann vorhanden, wenn z. B. das langsame Ersteigen von zwei Etagen ohne größere Luftnot und Pausen möglich ist. Wird wegen eines dauerhaften Sauerstoffmangels bei einer begleitenden Lungenerkrankung eine Versorgung mit Sauerstoff über eine Nasensonde notwendig, so ist selbst in dieser Situation einer erfüllende sexuelle Aktivität möglich, wenn man geeignete Positionen auswählt. Beispiele hierfür finden Sie in diesem Link zu einer ergänzenden Veröffentlichung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in englischer Sprache: Sexual Counselling for individuals with cardiovascular disease and their Partners - Supplement -.

Sexualität nach Implantation eines Herzschrittmachers

Menschen, die einen Herzschrittmacher unter die Haut eingesetzt (implantiert) bekommen haben, brauchen keine Sorge zu haben, dass bei sexueller Aktivität, dieser in seiner Funktion gestört werden könnte. Die Art der sexuellen Aktivitäten hängt von der vorhandenen Leistungsfähigkeit ab, die möglicherweise durch eine weiter bestehende Herzrhythmusstörung oder eine Herzschwäche eingeschränkt sein kann. Wenn der Hautschnitt an der Stelle wo der Herzschrittmacher eingesetzt wurde abgeheilt ist, kann dem in Metall sicher eingekapselten Schrittmacher nichts passieren. Die Auswahl von besonderen Positionen sind, anders als bei einem implantierten Defibrillator nicht notwendig.

 

Sexualität nach Implantation eines Defibrillators (ICD)

Ein Defibrillator ist ein Spezialschrittmacher, der eigenständig lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen erkennt und behandeln kann. Wenn die Versuche den Herzrhythmus mit schnellem Schrittmacherrhythmus zu beenden nicht erfolgreich ist, wird das Herz durch einen Stromstoß (ICD Schock) von der Herzrythmusstörung befreit und kann wieder normal schlagen. Heute wird in speziellen Krankheitsformen zusätzlich zur Stärkung der Pumpkraft des Herzens noch eine zusätzliche Elektrode an der linke Herzkammer angebracht. Dieses nennt man einen "Biventrikulären ICD" (BIV-ICD). Unabhängig welcher Typ des IDC vorhanden ist, kann seine Funktion durch sexuelle Aktivitäten nicht beeinträchtig werden. Wenn die Herzkrankheit mit ihren Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche ein Alltagsleben mit geringen Belastungen wie Treppe steigen ohne Auftreten von ICD-Schocks zulassen, sind angepasste sexuelle Aktivitäten gut möglich. Häufig besteht die Angst, dass im Falle eines ICD Schocks der vom Defibrillator abgegebene Strom sich auf den Partner übertragen und für diesen schädlich sein könnte. Auch in engster Umarmung ist eine solche Stromübertragung nicht möglich, da die Stromstärke der ICD-Schocks nur gerade ausreicht, um den Herzmuskel des ICD-Trägers mit Strom zu erreichen, schon das umliegende Gewebe wird nicht mehr vom Strom erreicht. Es ist jedoch klug wegen der Größe des ICD Gehäuses etwas Rücksicht bei der Auswahl der Positionen bei dem Geschlechtsakt zu nehmen, damit die Haut über dem ICD nicht zu stark belastet wird. Beispiele für geeignete Positionen finden Sie in diesem Link zur ergänzenden Veröffentlichung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in englischer Sprache: Sexual Counselling for individuals with cardiovascular disease and their Partners - Supplement -.

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Wie beeinflussen seelische Faktoren die Sexualität?

Viele Herzpatienten empfinden die Hindernisse für sexuelle Aktivitäten höher als für andere körperliche Aktivitäten. Diese Anzeichen können auf seelische bedingte Beeinträchtigungen hinweisen:
  • depressive Verstimmung mit tiefer Traurigkeit und vermindertem Interesse, am täglichen Leben teilzunehmen

  • Schlafstörungen mit Schlafmangel oder übermäßiger Schlafneigung, speziell am Tage

  • Anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit (besonders im Anschluss an Aktivitäten) Veränderungen des Essverhaltens, wie übermäßige oder zu geringe Nahrungs--aufnahme

Diese Gefühle sind verbreitet, bilden sich aber in den meisten Fällen in den folgenden drei Monaten nach Herzinfarkt oder Herzoperation zurück. Sexuelle Probleme können sich jedoch weiter zuspitzen, wenn stärkere und anhaltende Zeichen einer Depression bestehen bleiben. Dieser Verlust an sexuellem Verlangen ist oft verbunden mit der schon beschriebenen Angst, dass sexuelle Aktivitäten Herzprobleme erzeugen könnten. Wenn Sie feststellen, dass Sie Ihre sexuellen Aktivitäten eingestellt oder deutlich verringert haben, könnte es sein, dass Sie eine Beratung suchen sollten. Ein Berater (meist ein Psychologe) kann Ihnen helfen, Ihre Ängste und Sorgen zu erkennen und zu bearbeiten. Günstig ist es in der Regel, auch den Partner in eine solche Beratung mit einzubeziehen.

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Können Medikamente die Sexualität beeinflussen?

Zahlreiche herz- und kreislaufwirksame Medikamente können das sexuelle Verlangen und die Sexualfunktion beeinträchtigen. Diese umfassen:
  • Blutdruck senkende Mittel

  • Harntreibende Mittel (Diuretika)

  • Beruhigungsmittel (Tranquilizer)

  • Antidepressiv wirkende Mittel

  • Mittel gegen Angina Pectoris

  • Mittel gegen Herzrhythmusstörungen

Solche Mittel können sowohl den sexuellen Antrieb als auch die Sexualfunktion stören. Bei Männern kann es problematisch werden, eine Erektion zu erreichen oder ausreichend lange zu erhalten (Impotenz). Es kann auch zu einem vorzeitigen oder ganz fehlenden Samenerguss kommen. Bei Frauen kann es zu einer unzureichenden Bildung von vaginalem Sekret kommen, was zu Schmerzen während dem Beischlaf führt. Manche Frauen werden nur mehr gering sexuell erregbar oder sind nicht mehr in der Lage, zu einem Orgasmus zu kommen.

Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, wie z.B. Marcumar® oder ASS (Aspirin®) oder Clopidogrel (Plavix®, Iscover®), sowie neuere Mittel wie Prasugrel (Efient®), Ticagrelor (Brilique®) stellen keine Probleme dar, solange keine sexuellen Praktiken mit Verletzungsgefahr gewählt werden.

Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt, falls Sie solche Medikamente einnehmen und Störungen bei der Sexualität auftreten. Bedenken Sie, dass Nebenwirkungen von Medikamenten viel seltener Ursache von sexuellen Störungen sind als ungünstige seelische Einflüsse. Da das Absetzen von Medikamenten sehr viel einfacher ist, als die Beseitigung von seelischen Störungen, ist die Versuchung groß, auch wichtige Medikamente voreilig abzusetzen.

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Körperliche Hindernisse für sexuelle Aktivitäten

Neben der Einschränkung der körperlichen Kräfte durch die Herzkrankheit sind bei Menschen, bei denen die Blutgefäße erkrankt, d. h. durch Arteriosklerose eingeengt oder verschlossen sind, auch Durchblutungsstörungen der Geschlechtsorgane häufig ein Problem. Dies trifft besonders schwerwiegend die Männer, da sie auf eine gute Durchblutung des Gliedes angewiesen sind, damit seine Versteifung, seine Erektion, möglich wird. Bei Frauen stehen die Störungen der Durchblutung der Geschlechtsorgane nicht vergleichbar im Vordergrund. Durch den altersbedingten Mangel an Geschlechtshormonen, u. a. dem Östrogen, ist bei Frauen die Schleimhaut der Scheide weniger geschmeidig und neigt bei vermehrter Trockenheit zur stärkeren Verletzlichkeit. Hierdurch kann es für die Partnerin zu erheblichen Schmerzen beim Geschlechtsakt kommen. 

Vorbereitung zur Sexualität

Die Entwicklung eines gesunden Lebensstils und einer ausgeglichenen seelischen Balance ist von großer Bedeutung für das weitere tägliche Leben mit einer Herzerkrankung. Vielleicht finden Sie die folgenden Hinweise hilfreich, um wieder den Weg zu einem erfüllten Sexualleben zu finden.

  • Suchen Sie eine gute tägliche Balance von gesunder Ernährung, körperlicher Aktivität, Ruhepausen und Medikamenten.
  • Körperliche Aktivität fördert die Gesundheit und das Selbstvertrauen. Ausgewogene (aerobe) körperliche Belastungen wie Gymnastik, Walking, Joggen, Schwimmen, Radfahren oder Tanzen vermindern die Gefahr von übermäßig hoher Herzfrequenz, Atemnot oder Angina Pectoris bei der Sexualität.
  • Wenn Sie rauchen sollten, geben sie das Rauchen auf! Holen Sie sich ggf. Rat bei Ihrem Hausarzt.
  • Seien Sie geduldig. Versuchen Sie Ihre Gefühle zu verstehen. Sie oder Ihr Partner können sich nach einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation besonders verletzlich fühlen. Ihre Gefühle können abrupt zwischen Lachen und Weinen oder zwischen Freude und Ärger wechseln. Solche Stimmungswechsel sind in der Regel nur vorübergehend. Also seien Sie mit sich und Ihrem Partner nachsichtig und geduldig. Sinn für Humor hilft weiter.
  • Stimmen Sie ab, was Sie voneinander sexuell erwarten. Wenn Sie ein erfülltes Sexualleben vor Ihrem Herzproblem hatten, haben Sie eine besonders gute Voraussetzung dafür, dieses wieder aufzunehmen. Lassen Sie sich nicht von der Herzkrankheit abhalten, sich gegenseitig wieder damit zu erfreuen.
  • Vermeiden Sie sich in die Sexualität „zu stürzen“, um zu zeigen, dass alles wieder so ist wie „früher“! Wenn Sie oder Ihr Partner den Sex aufnehmen, ehe Sie wieder bereit dazu sind, könnte es sein, das Sie Ihre Ängste nur verstärken.

Und schließlich: Die Wiederaufnahme des Liebeslebens verbindet Sie gefühlsmäßig wieder stärker mit Ihrem Partner und es kann neue Zärtlichkeit und vielleicht auch Romantik wecken. Ein neu erfülltes Liebesleben nach einem Herzinfarkt, einer Bypassoperation oder einer anderen Herzattacke kann den Stress mindern und das Selbstgefühl weiter heben.

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Probleme als Paar meistern

Herzpatienten sind nicht die einzigen Opfer der Herzkrankheit. Häufig befällt auch den Partner Ängstlichkeit und Depression. Diese Mischung der Gefühlswelten beider Partner kann zu vermehrten Spannungen in der Beziehung führen. Für beide ist es wichtig, die Gefühle des anderen wahrzunehmen, zu respektieren und zu versuchen diese zu verstehen.

Häufig ist es für den Partner eines Herzpatienten schwierig, die Balance zwischen einer zu fürsorglichen und einer zu sorglosen Haltung zu finden. In den meisten Fällen ist der Partner eher zu fürsorglich. Wenn Sie und Ihre Familie bedrückt und ängstlich sind, können schwerwiegende Konflikte auftreten. Dies kann auch der Fall sein, wenn einer der beiden Partner über das Risiko eventueller Herzbeschwerden bei sexuellen Aktivitäten besonders besorgt ist. Auch kann es sein, dass ein Paar Sexualität bereits früher als schwierig erlebt hat. Diese Schwierigkeiten können nach einem Herzproblem weiter zunehmen. Erfahrungs-gemäß sind Paare, die schon vor der Herzproblematik über sexuelle Schwierigkeiten hatten, auch nachher sexuell weniger aktiv. Sprechen Sie miteinander über Ihre sexuellen Probleme. Paare, die über Ihre sexuellen Wünsche und Sorgen miteinander sprechen, scheinen die Probleme erfolgreicher lösen zu können.

Vorschläge für die Wiederaufnahme der sexuellen Aktivität    

  • Wählen Sie eine Zeit, wenn Sie beide Ruhe haben und stressfrei und entspannt sind.

  • Es ist günstig, erst zwei bis drei Stunden nach einer vollen Mahlzeit sexuell aktiv zu werden. Dann hat der Körper die Verdauungsarbeit weitgehend abgeschlossen. Wie bei anderen körperlichen Aktivitäten benötigt die Verdauung mehr Blut und führt damit zu einer erhöhten Beanspruchung des Kreislaufs.

  • Suchen Sie einen vertrauten Platz aus, an dem Sie sich wohlfühlen.

  • Manche Paare bevorzugen es, wenn der Herzpatient die untere Position einnimmt. Dies hat jedoch nichts mit seiner körperlichen Belastbarkeit zu tun.

  • Die meisten Paare empfinden nicht die Notwendigkeit, andere Formen des Vorspiels oder andere Positionen beim Geschlechtsakt zu wählen als vorher.

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Hilfsmittel

Herzkrankheiten treten meist in der zweiten Lebenshälfte auf. Bedingt durch das Lebensalter und Begleiterkrankungen kommt es zu Beeinträchtigungen der Funktion der Sexualorgane. Störungen der Erektionsfähigkeit des Mannes sind bei der koronaren Herzerkrankung relativ häufig. Die Ursache sind, wie bereits beschrieben, Störungen der Blutversorgung des Geschlechtsapparates durch Gefäßverkalkungen und -verschlüsse. Glücklicherweise gibt es Hilfsmittel, die einen Teil dieser Störungen beseitigen oder mildern können.
  • Bei krankheitsbedingt fehlender Fähigkeit eine Erektion zu erreichen oder ausreichend lange zu erhalten (Impotenz) ist es in vielen Fällen möglich, diese Störung durch die Einnahme von Medikamenten vom Typ Viagra® günstig zu beeinflussen. Voraussetzung ist jedoch, dass 24 Stunden (bei Cialis® 48 Stunden) vorher und nachher keine Mittel gegen Angina Pectoris vom Typ Nitro-/Nitrat-Präparate eingenommen wurden. Es könnte sonst zu einem starken Abfall des Blutdruckes kommen, was in seltenen Einzelfällen zu schwerwiegenden Störungen führen kann. Daher ist es erforderlich, die Einnahme solcher Medikamente mit Ihrem Hausarzt zu besprechen, und sich diese von ihm verschreiben zu lassen. Der Kauf solcher Medikamente, über das Internet ohne ärztliche Verschreibung, birgt das Risiko gefälschte und damit wirkungslose oder fehlerhafte Präparate zu erhalten.
  • Kommt es bei Frauen, besonders mit Beginn der Wechseljahre,  zu einer unzureichenden Bildung von Scheidensekret, so führt dies häufig zu Schmerzen und kleinen Schleimhautverletzungen während des Beischlafs. Hier hilft die Nutzung von Gleitcremes, die in Drogerien und Apotheken in verschiedenen Zusammensetzungen erhältlich sind. Günstig sind Cremes auf einer wasserlöslichen Basis.
  • Eine mit Beginn der Wechseljahre häufig auftretende Scheidentrockenheit der Frau mit Schmerzen beim Geschlechtsakt und vermehrter Verletzlichkeit der Scheide können örtliche Behandlung mit Östrogenhaltigen Zäpfchen und Cremes (rezeptpflichtig) helfen, wenn andere Ursachen für die Beschwerden wie Entzündungen frauenärztlich ausgeschlossen worden sind. Nicht hormonhaltige Cremes (rezeptfrei) können in leichten Fällen helfen
  • Bei erschwerter sexueller Erregbarkeit der Frau können Stimulatoren versucht werden, die in sehr unterschiedlicher Form und technischer Ausführung in Sexshops und über das Internet angeboten werden.

Was ist zu tun, wenn Herzbeschwerden während sexueller Aktivität auftreten?

Gerötete Haut, beschleunigter und verstärkter Herzschlag, eine tiefere und schnellere Atmung sind normale Veränderungen. Die folgenden Symptome benötigen jedoch besondere Aufmerksamkeit, da sie möglicherweise anzeigen, dass Ihr Herz die körperliche Belastung nicht bewältigen kann:

  • während Belastung auftretender Druck, Schmerz oder Unwohlsein im Kiefer, Hals, der Brust, im Arm oder in der Magengegend.
  • bedeutsame Luftnot.
  • sehr schneller oder unregelmäßiger Puls.
  • schwindel oder kurze Bewusstseinsstörung.

Wenn Sie eines dieser Anzeichen während der Sexualität verspüren, sagen Sie es Ihrem Partner, vermindern Sie Ihre Aktivität und ruhen Sie sich aus. Wenn Sie kein Medikament vom Typ Viagra® eingenommen haben, kann Nitroglyzerin Spray oder Tabletten helfen. Sprechen Sie das am besten über solche Beschwerden wenn möglich schon vorher mit Ihrem Hausarzt oder Kardiologen. Wenn sich die Beschwerden nicht innerhalb kurzer Zeit (d.h. maximal 20 Minuten) nach der Einnahme der Medikamente wieder zurückbilden oder bei der erneuten Aufnahme der sexuellen Aktivität wieder auftreten, benötigen Sie kurzfristig ärztliche Hilfe.

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Märchen

Da zuverlässige Informationen zur Sexualität viele Menschen nicht erreichen, werden viele missverständliche oder unrichtige Ansichten weitergegeben, die oft den Charakter eines Märchens haben. Solche falschen Ansichten stellen häufig ein größeres Hindernis für ein gelungenes Sexualleben dar, als alle eventuell bestehenden körperlichen Probleme und Einschränkungen.

Die verbreitetsten Märchen sind:

Märchen: Sex nach einem Herzinfarkt führt häufig zum plötzlichen Herztod (Herzschlag).
Tatsachen: Hierzu kommt es extrem selten. Plötzliche Herztode wurden bisher lediglich bei außerehelichem Sex beobachtet. Die außereheliche Situation ist möglicherweise erheblich stressreicher als Sexualität mit dem vertrauten Partner. Häufig kommt es mit einem neuen Partner zu sonst ungewöhnlichen Aktivitäten. Dies kann durch den vorangegangenen Konsum von Alkohol und größeren Nahrungsmengen kompliziert werden, die zusätzliche Belastungen für das Herz bedeuten. Auch die unvertraute Umgebung kann die Gesamtbelastung erhöhen.
Märchen: Alkohol wirkt sexuell erregend.
Tatsachen: Im Gegenteil, Alkohol wirkt eher dämpfend auf die sexuelle Erregbarkeit. Während kleine Mengen helfen können, eine Verspannung zu lösen, so kommt es auf längere Sicht zu einer Verschlechterung der sexuellen Leistungsfähigkeit.
Märchen: Es ist am besten, wenn der Herzpatient bei Sex die untere Position einnimmt.
Tatsachen: Untersuchungen zeigen, dass diese Position keine Vorteile hat. Für einige kann sie jedoch komfortabler sein. Es kann ebenso angenehm sein, auf der Seite zu liegen. Diese Position führt zu weniger Druck auf den Brustkorb und kann daher die Atmung erleichtern.
Märchen: Die Verminderung von sexuellem Antrieb und Funktionsfähigkeit nach einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation entsteht durch die Schwächung es Herzens.
Tatsachen: Die Hauptursache ist seelischer Natur. Körperlich ist die Belastung des Herzens während der Sexualität die gleiche, wie beim Treppen steigen über zwei Etagen in zügigem Tempo.
Märchen Wenn einmal beim Sex Engegefühl im Brustkorb oder Schmerz (Angina pectoris) aufgetreten ist, darf man nie wieder Sex haben.
Tatsachen: Wenn Angina Pectoris beim Sex auftritt, ist sie in der Regel gering, tritt sie jedoch neu oder verstärkt auf, so sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Kardiologen. Er wird ihnen entweder entsprechende Medikamente verordnen, ein geeignetes körperliches Training empfehlen, mit dem Kraft und Ausdauer verbessert werden können oder auch eventuell notwendige Untersuchungen wie ein Belastungs-EKG veranlassen. Dann können die sexuellen Aktivitäten wieder beruhigt aufgenommen werden.

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Abschließende Gedanken

Wenn Sie und Ihr Partner ein gutes Verständnis für die beiderseitigen Ängste, Wünsche und Hoffnungen haben, die in Ihrem Liebesleben eine Rolle spielen, kann dies zu einer für beide erfüllten Sexualität führen und auch andere Bereiche Ihres gemeinsamen Lebens günstig beeinflussen.

Häufiges Austauschen von zärtlichen Berührungen im Alltag führt für beide, den Berührenden und den Berührten, zu Gefühlen von Glück und Verbundenheit und vertieft immer wieder die Innigkeit der Beziehung.

Die Herzerkrankung mag Ihr Leben in einer Weise beeinflussen, die Sie nicht erwartet haben. Aber sie erlaubt es auch, darüber nachzudenken, was wirklich wichtig für Sie ist. Dadurch haben Sie die Möglichkeit, mehr über sich selbst und die Menschen in Ihrer Umgebung zu erfahren.

Literatur

Für Laien:

Informationszentrum für Sexualität und Gesundheit e.V. „Liebe hält gesund“
Im Internet: http://www.isg-info.de/

Selbsthilfegruppe Erektile Dysfunktion (Impotenz)
Im Internet unter: http://www.impotenz-selbsthilfe.de/

Sehr guter Einzelheiten schildernder, wissenschaftlich fundierter Artikel in englischer Sprache
AHA Scientific Statement
Sexual Activity and Cardiovascular Disease
A Scientific Statement From the American Heart Association
http://circ.ahajournals.org/content/125/8/1058.full.pdf+html

Primär für Ärzte:

Sehr informative, umfangreiche, aktuelle Empfehlung zum Thema

Sexual Counselling for individuals with cardiovascular diesease and their Partners
A consensus Document From the American Heart Association adn the ESC Counsil of Cardiovascular Nursing and Allied Professions (CCNAP)
European Heart Journal 2013;34:3217-3235,
DOI: 10.1093/eurheartj/eht270 and Supplement Data

Etwas älterer, jedoch weiter aktueller und ungewöhnlich faktenreicher Übersichtsartikel in Englischer Sprache:
ACC/AHA Expert Consensus Document “Use of Sildenafil (Viagra)
in Patients With Cardiovascular Disease”

J Am Coll Cardiol 1999;33:273– 82

Autor Dr. Christian Leuner, Arzt für Innere Medizin - Kardiologie
in Zusammenarbeit mit Petra Leuner psychotherapeutische Psychologin

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Letzte Bearbeitung von Dr. Leuner am12.01.2014