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Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen) |
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Die
Arrhythmogene Rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (AVRCM)
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Abbildung
2: Epsilon Welle und negative ST-Zacken
(Quelle Braunwald, Heart Disease, 6th Ed. Saunders)
Wird das EKG während einer Phase mit Herzstolpern (Extrasystolen) oder mit schnellem Herzschlag (Tachykardie) aufgezeichnet, so erkennt man, dass die Rhythmusstörung ihren Ursprung in der rechten Herzkammer hat. Die Extrasystolen oder die Tachykardien zeigen die für die ARVCM typische Form eines „Linksschenkelblocks". Wenn zum Zeitpunkt des Auftretens von Herzrhythmusstörungen ein EKG aufgezeichnet wird, kann der Ursprung der Herzrhythmusstörungen genau analysiert werden.
Zur Aufdeckung der Art und der Häufigkeit der Herzrhythmusstörungen werden weitere EKG-Verfahren eingesetzt.
Eine Zunahme der Extraschläge oder das Auftreten von Herzrasen unter körperlicher Belastung sind typisch für eine ARVCM. Daher ist es wichtig, dass regelmäßig auch ein Belastungs-EKG durchgeführt wird.
Für die Feststellung, die Beurteilung von Ausmaß und den Verlauf einer ARVCM ist die Häufigkeit und die Schwere der Rhythmusstörungen wichtig. Die Kenntnis der Zunahme einer Häufung von Rhythmusstörungen in Ruhe oder unter Belastung hilft bei der Therapieentscheidung und Überprüfung der Wirksamkeit einer Therapie.
Signalmittellungs-EKG (Spätpotential-EKG /Late-Potential )
Echokardiografie
Eine weitere, moderne Methode stellt die Kernspintomografie, auch Magnetresonanz-tomografie (MRT) genannt, dar. Diese Methode macht ohne Röntgenstrahlen, allein auf dem Boden von starker Magnetisierung der Körpermoleküle Schnittbilder durch den menschlichen Körper und damit auch durch das Herz.
Es sind nicht nur Bewegungsstörungen der Herzwand, sondern auch feine Veränderungen in der Zusammensetzung der Herzmuskulatur, speziell auch Fetteinlagerungen zu sehen. Von den bildgebenden Verfahren ist die Magnetresonanztomografie bereits heute die sensitivste Methode und übertrifft die Genauigkeit der Echokardiografie. Jedoch ist sie in Einzelfällen nicht ausreichend empfindlich, die Diagnose ARVCM zu sichern. Diese Untersuchungen des Herzens gelingen nur mit kostspieligen und speziell für Kardiologen ausgerüsteten Geräten. Die Erstellung und Beurteilung der Bilder bedarf einer speziellen Ausbildung.
Weitere Sicherheit erhält man erst im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung. Bei der Darstellung der rechten und linken Herzkammer mit Röntgenkontrastmittel kann man in der Regel auch umschriebene Pumpstörungen und die Auswirkung der Erkrankung auf die Pumpkraft des Herzens erkennen. Mittels einer kleinen, an der Spitze eines Herzkatheters befestigten flexiblen Biopsiezange kann man nahezu schmerzfrei stecknadelkopfgroße Herzmuskelproben aus der Wand der rechten Herzkammer entnehmen, die man unter dem Hochleistungsmikroskop und mithilfe von Fettgewebsfärbungen auf den Fettgewebsanteil des Herzmuskels hin untersuchen kann. Dabei muss man sich jedoch bewusst sein, dass ein Ausschluss oder der Beweis einer ARVCM mittels einer solchen Herzmuskelprobe nicht möglich ist, da die Krankheit häufig nur fleckförmig und meist nicht in der Herscheidewand auftritt, an der aus Sicherheitsgründen in der Regel die Gewebsproben entnommen werden. Aus diesem Grunde ist die Herzmuskelbiopsie nur in wenigen Fällen angezeigt.
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Systole |
Diastole |
Die
weissen Pfeile zeigen eine Dysplasie |
Abbildung 3: Rechte Herzkammer im Röntgenbild bei der Herzkatheteruntersuchung
Elektrophysiologische Herzkatheteruntersuchung (EPU)
Bei einer elektrophysiologischen Untersuchung wird über drei Ekg-Kabel (spezielle Herzkatheter), die mithilfe einer Röntgendurchleuchtung im Inneren des Herzens platziert werden, die elektrische Erregungsausbreitung über die Herzmuskelzellen vermessen. Zusätzlich werden die Rhythmusstörungen, die den Patienten im Alltag belasten, zur genauen Untersuchung gezielt mithilfe dieser Elektrodenkatheter ausgelöst. Die durch die Veränderungen des Wandaufbaus (Ersatz von Herzmuskelzellen durch Fettgewebszellen) und entstehenden Störungen der elektrischen Erregungsausbreitung lassen sich mit dieser Kathetertechnik noch genauer aufdecken als dies durch das Signalmittelungs-Ekg möglich ist. Auch kann diese Methode zuverlässig harmlose von gefährlichen Rhythmusstörungen unterscheiden. Die elektrophysiologische Herzkatheteruntersuchung ist ein sicheres und weitgehend schmerzfreies, jedoch mit Rötengenstrahlung verbundenes, relativ zeit- und personalaufwendiges Verfahren. Es wird daher nur bei Patienten mit bereits bestehendem Verdacht auf eine ARVCM und bedrohlichen Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Kandidaten sind insbesondere Patienten mit Bewusstlosigkeiten, Kammertachykardien oder überlebter Wiederbelebungsmaßnamen (das Letztere wird auch häufig etwas irreführend als überlebter plötzlicher Herztod bezeichnet).
Eine sichere Feststellung oder ein Ausschluss einer ARVCM mithilfe einer Genanalyse ist bisher ebenso wenig möglich wie eine Vorhersage des weiteren Krankheitsverlaufes. Dies liegt an der verwirrenden Vielzahl der gefundenen genetischen Veränderungen. In schwerwiegenden Einzelfällen kann jedoch eine genetische Beratung durch eine geeignete Beratungsstelle, z. B. bei der Geburtenplanung sinnvoll sein. Die stürmischen Entwicklungen in der Genforschung lassen in näherer Zukunft eine deutliche Erweiterung der Untersuchungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet erwarten.
Man muss sich bewusst sein, dass bei der überwiegenden Zahl der Erkrankten die richtige Diagnose nicht erkannt wird. Die ARVCM kann sehr lange stabil und ohne schwerwiegende Symptome bleiben. Wie häufig und wann ein Übergang in eine der schweren Formen eintritt, ist wegen der Schwierigkeiten der Erkennung der Krankheit und der Beurteilung ihres Schwergrades bisher unbekannt. Für den einzelnen Patienten lässt sich daher, wie oben bereits gesagt, der Verlauf der Erkrankung daher nicht vorhersagen.
Diese Überlegungen zeigen, wie wichtig es bei dieser seltenen Krankheit ist, schon bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer ARVCM die Untersuchungsmöglichkeiten eines kardiologischen Zentrums in Anspruch zu nehmen. Der Vorteil liegt darin, dass hier regelmäßig Patienten mit dieser Erkrankung betreut werden. Dort besteht sehr viel eher die Möglichkeit, die endgültige Diagnose frühzeitig zu stellen und den richtige Behandlungsweg zu finden.
Die durch die Herzrhythmusstörungen ausgelösten Symptome der ARVCM können in der Regel gut behandelt werden. Jedoch ist bisher keine Behandlung bekannt geworden, die die Erkrankung der Herzmuskulatur selbst, das Absterben der Herzmuskelzellen und ihren Ersatz durch Fettgewebe, gezielt günstig beeinflusst oder verhindert. Auch das Nachwachsen von Herzmuskelzellen kann bisher nicht erreicht werden.
Herzrhythmusstörungen, die keine Beschwerden bereiten, erfordern keine Behandlung. Die meisten Menschen, die unter einer ARVCM leiden, führen ein ganz normales Leben mit gelegentlichen Episoden von Herzstolpern oder beschleunigtem Herzschlag. Es wird angenommen, dass eine starke körperliche Belastung die schwerwiegenden Herzrhyth-musstörungen besonders häufig hervorrufen kann. Daher sollten starke körperliche Belastungen, insbesondere Hochleistungssport, von Erkrankten vermieden werden. Diese Vorsichtsmaßnahme wird durch die Erfahrung begründet, dass die ARVCM für eine große Zahl der plötzlichen Herztode bei Männern im Alter unter 35 Jahren verantwortlich gemacht werden muss, die im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten aufgetreten sind (z. B. Fußball, Marathonlauf). Als Medikamente zur Behandlung von Symptomen sind die Beta-Blocker besonders geeignet. Sie beschützen das Herz vor den Stresshormonen, die gerade unter körperlicher Belastung freigesetzt werden (z. B. Adrenalin). In besonderen Einzelfällen werden auch antiarrhythmische Substanzen wie Sotalol oder Amiodarone trotz eines relativ hohen Nebenwirkungsrisikos mit Erfolg eingesetzt.
Wenn die Herzrhythmusstörungen in Form von Herzrasen Beschwerden bereiten und Medikamente nicht ausreichen, kann eine Katheterablation häufig sinnvoll sein. Mithilfe von Spezialkathetern (Ablationskathetern) wird die Stelle in der rechten Herzkammer aufgesucht, an der die Rhythmusstörungen entstehen. Gelingt dies, kann durch ein Erwärmen der Katheterspitze mit Hochfrequenzstrom diese Stelle im Herzmuskel verödet werden. Viele Patienten sind nach einer solchen Behandlung beschwerdefrei. Da es sich jedoch in der Regel um eine weiter fortschreitende Krankheit handelt, ist dier Behandlungserfolg meist nicht von Dauer.
Allerdings verhindert diese Behandlung nicht, dass mit dem Fortschreiten der Erkrankung innerhalb des Herzmuskels andere Stellen entstehen, die erneut Rhythmusstörungen verursachen.
Für Patienten, die schwerwiegende Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern überlebt haben, gibt es heute eine sehr wirksame Behandlungsmethode. Diese kann ebenfalls angewendet werden, wenn oben beschriebenen Kammertachykardien trotz anderer Behandlungsformen vermehrt auftreten, beziehungsweise so schnell sind, dass sie vom Patienten nicht ertragen werden können. Diese Behandlungsform kann auch vorsorglich für Menschen erwogen werden, in deren Familie viele unklare plötzliche Todesfälle im jungen Lebensalter vorgekommen sind. Da es sich um eine Behandlung handelt, die zum Glück selten erforderlich wird, dann jedoch von großer Bedeutung ist, soll ihre Funktionsweise im Folgenden ausführlicher dargestellt werden.
Die ICD Behandlung besteht in der Einpflanzung (Implantation) einer besonderen Art von Herzschrittmachern, die „Implantierbarer Defibrillator“ genannt werden (international als „ICD“ = „implanted cardioverter defibrillator“ abgekürzt). Dieser Schrittmacher wird unter die Haut unterhalb des linken Schlüsselbeines eingesetzt. Dort ist er vor Schädigungen geschützt und wasserdicht verpackt. Der ICD ist etwa so groß wie eine Streichholzschachtel, sodass es zu keiner bedeutsamen körperlichen Entstellung kommt.
Vom Defibrillator ausgehend, wird über die Blutgefäße, die zum Herzen führen (Venen), eine weiche, blutfreundliche Elektrode in die rechte Herzkammer des Patienten vorgeschoben und dort sicher verankert. Diese tastet die elektrischen Impulse des Herzens ab und leitet sie dem Defibrillator zur Begutachtung zu. Werden Herzrhythmusstörungen entdeckt, so überträgt die Elektrode die Behandlungsimpulse des Defibrillators auf den Herzmuskel. Die Implantation eines Defibrillators ermöglicht es, dass der Herzrhythmus 24 Stunden am Tag überwacht wird.
Durch die Programmierung des Gerätes wird erreicht, dass lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen selbstständig erkannt und mit gezielten elektrischen Impulsen oder Elektroschocks beendet werden. Die gezielten elektrischen Impulse zur Überstimulation der Herzrhythmusstörung werden vom Patienten nicht bemerkt. Gelingt die Überstimulation nicht oder ist das lebensgefährliche Kammerflimmern eingetreten, so wird dieses durch den Schrittmacher automatisch mit einem Elektroschock durchbrochen und rasch der normale Herzschlag wieder hergestellt. Dieses Verfahren ist zurzeit die sicherste Behandlung für lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen. Man kann sich mit einem implantierten Defibrillator ungezwungen bewegen, duschen und auch sonst die üblichen alltäglichen Dinge ohne Sorge tun. Auch Auto fahren ist 6 Monate nach Implantation grundsätzlich möglich, solange kein Schock vom IDC ausgelöst worden ist. Wenn innerhalb von 3 Monaten nach Implantation kein Schock aufgetreten ist, kann das Autofahren sogar bereits nach diesen ersten 3 Monaten wieder aufgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn andere Krankheitssymptome vorliegen.
Regelmäßige Kontrollen der Funktion des ICD-Gerätes führen die implantierenden Kliniken und auch niedergelassene Kardiologen in ihrer Praxis durch. Kontrollintervalle sind 3-6 Monate.
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Abbildung 4: An dieser Stelle wird der ICD in der Regel implantiert.
Im Falle eines sehr schweren Verlaufes der Erkrankung mit Ausbildung einer hochgradigen Pumpschwäche des Herzens oder nicht beherrschbaren lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen muss die Vorbereitung für eine Herztransplantation bei den in der Regel relativ jungen Patienten rechtzeitig in den Behandlungsplan mit aufgenommen werden.
Autor: Dr. Christian Leuner
Diese Literatur liegt dem Artikel zu Grunde
In Deutscher
Sprache:
In Englischer Sprache:
Arrhythmogenic right ventricular Dysplasia.Chalkins H, Markus F.,In Braunwald, E., ed. Harrison’s Advances in Cardiology. New York, NY: mc Graw-Hill 2003:378 – 383
Arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy/dysplasie: a not so rare "disease of the desmosome" with multiple clinical presentations. Herren, TH, Gerber P.A., Duru, F., Clin Rres Cardiol 2009;98:141-158
Cardiology Patient Page: Arrhythmogenic Right Ventricular Dysplasia/Cardiomyopathy
Circulation
2003;107:e31-e33. doi:10.1161/01.CIR.0000053943.38763.70-Cardiology Patient Page
ARVD/C Questions and Answers
John Hopkins University - Heart&Vascular Institut. Baltimore, Maryland, USA
http://www.hopkinsmedicine.org/heart_vascular_institute/clinical_services/centers_excellence/arvd/patient_resources/questions.html
Arrhythmogenic right ventricular dyplasia
An article from the ESC Council for Cardiology Practice
Fernández-Armenta J., Brugada J.
http://www.escardio.org/communities/councils/ccp/e-journal/volume10/Pages/management-ventricular-tachycardia-in-ARVD-Brugada-Josep.aspx#.Us_H2XmE6l4
Letzte Bearbeitung Dr. Leuner 10.01.2014